14. Tür

Ich stehe am Bahnhof und warte. Ich warte auf den Zug, der Weihnachten heißt. In der Hand halte ich meinen Koffer. Er ist schwer. Da es noch eine Weile hin ist bis der Zug kommt stelle ich den Koffer ab. Ich öffne ihn um nachzusehen, was ich alles dabeihabe.
Als erstes sehe ich meine Sehnsucht. Sie nimmt viel Platz im Koffer ein. Ich nehme sie heraus um sie näher anzuschauen. Es ist die Sehnsucht nach Frieden in mir, um mich herum, in dieser Welt. Wird das Einsteigen in den Weihnachtszug Linderung dieser Sehnsucht bringen? Ich lege Sie zurück in den Koffer und nehme als nächstes den Mut heraus. Ja, Mut bauche ich um in diesem Weihnachtszug einzusteigen. Denn er nimmt mich auf eine Reise mit die mich verändern möchte. Etwas weiter unten im Koffer, gut sichtbar und ziemlich schwer, liegt die Enttäuschung. Bei näheren Hinsehen ist auf ihr die Botschaft zu lesen: Steig‘ nicht in den Zug. Schon viele Male hattest Du große Erwartungen an den „Weihnachtszug“ und nix war es mit Friede, Freude, Lebkuchen. Als ich die Enttäuschung so in der Hand halte kommt eine freundliche, etwas ältere Frau den Bahnsteig entlang und bietet mir an, die Enttäuschung mitzunehmen. Will ich das? Sie gehört doch in mein Gepäck, ich habe mich daran gewöhnt. Doch ich beschließe, sie ihr mitzugeben.  Der Koffer ist um einiges leichter.  Da fährt der Zug  ein. Ob sich die Warterei gelohnt hat? Bringt mich der Weihnachtszug dorthin wo Frieden zu finden ist? Es heißt, das Ziel soll bei einem Kind sein…. Ich riskiere es und steige ein. 

Markus Sinn
Seelsorgegruppe Herzogsägmühle